Das Online Marketing ist geprägt von seiner Schnelllebigkeit und Dynamik, die jeden herausfordert, seinen aktuellen Status Quo zu überdenken. Die Affiliate-Branche ist dabei keine Ausnahme. Das Setup eines Affiliate Programms kann schon nach kurzer Zeit vielleicht nicht mehr Best Practice sein. Netzwerke, Advertiser und auch Publisher müssen Änderungen bei den technischen Gegebenheiten, wie zum Beispiel den kommenden Cookie-Einschränkungen in den Browsern, aber auch Datenschutzrichtlinien im Auge behalten, während sie zugleich offen für neue Businessmodelle im Affiliate sein müssen, um ihr Programm ausbauen zu können.
Es ist ganz gleich, ob ein Partnerprogramm bereits seit Jahren besteht oder vor wenigen Monaten gestartet ist: Durch regelmäßige Audits durch eine neutrale Instanz wird stets der aktuelle Status herausgefordert, um existierende Defizite und Gefahren zu identifizieren. Resultierend daraus kann das Partnerprogramm optimiert, die Performance maximiert und durch potentielle Effizienzsteigerung auch die Wirtschaftlichkeit des Programms verbessert werden.
Was versteht man unter der Begrifflichkeit Audit und was bedeutet das im Zusammenhang mit Affiliate Marketing?
Ein Audit ist eine systematische Überprüfung der aktuellen Prozesse und Standards, um den Status Quo festzustellen und herauszufinden, ob die aktuelle Umsetzung gemäß der gesetzten Programmziele und Vorgaben erfolgt, um darauf aufbauend Optimierungspotentiale zu identifizieren. Dabei untersuchen interne oder externe neutrale Fachexperten den gegenwärtigen Zustand nach vordefinierten Kriterien, um die Qualität zu beurteilen und daraus Handlungsempfehlungen abzuleiten. Im Affiliate Marketing wird somit im Zuge eines Audits das gesamte Partnerprogramm bis ins kleinste Detail analysiert und dem Wettbewerb sowie den aktuellen Best Practices am Markt gegenübergestellt und bewertet.
Umsatzpotenziale des eigenen Affiliate Programms erkennen und Risiken vermeiden
In einem solchen Programm Audit sollten unterschiedliche Aspekte im Detail beleuchtet werden, u.a. das technische Setup, das Provisionsmodell und die Publisherbasis. Auf diese wollen wir nun konkret eingehen und anhand dessen aufweisen, wie wichtig regelmäßige Audits für das anhaltende und gesunde Wachstums eines Partnerprogramms sind:
Technische Herausforderungen, die die Leistungsmessung im Affiliate Marketing beeinflussen
Seit mehreren Jahren wird die Abkehr vom Third-Party-Tracking auch im Affiliate Marketing behandelt und spätestens seit Firefox angekündigt hat, die Cookies von Drittanbietern als Standard vollständig zu blockieren, wird der Druck auf die Partnerprogrammbetreiber immer größer. Umfragen im Zuge des Affiliate Trendreports 2022 haben gezeigt, dass noch längst nicht alle Advertiser auf eine entsprechend zukunftssichere Leistungsmessung (Tracking) umgestiegen sind, wie im Kompendium zur Leistungsmessung im Affiliate Marketing vom BVDW im Detail geschildert wird. Das lässt erahnen, dass nicht allen Advertisern bewusst ist, was genau am aktuellen Tracking-Setup optimiert werden muss, dabei ist dies nur eine der aktuellen Herausforderungen auf technischer Seite. Besonders bei fehlenden internen Ressourcen in diesem Bereich werden diese nicht aufgedeckt, geschweige denn angegangen und sind somit eine Gefahr für das gesamte Partnerprogramm. Die Folge sind sinkende Zahlen und unzufriedene Publisher, die sich eher dem Wettbewerb zuwenden, bei denen das technische Setup den Marktanforderungen entspricht. Ein tiefgehender Audit ist daher ein wichtiges Mittel, um dieser Gefahr entgegenwirken zu können. Denn so werden nicht nur Optimierungspotentiale, sondern auch Notwendigkeiten erkannt, um das Programm auch langfristig auf einem hohen Qualitätsstandard halten zu können.
Faire und wettbewerbsfähige Publishervergütung
Ein weiterer wichtiger Punkt besteht zudem in der Wettbewerbsfähigkeit des eigenen Provisionsmodells und der Attribution. Das Provisionsmodell ist eine der wichtigsten Entscheidungen beim Aufsetzen eines Programms, da Publisher anhand dieses Modells auch die Entscheidung treffen, ob sie daran teilnehmen möchten und wie stark ein Advertiser beworben wird. Sollten die Produkte bei einem Wettbewerber einen höheren Gewinn für den Publisher bedeuten, wird sich dieser auch eher auf die Bewerbung des Wettbewerbers konzentrieren und einem selbst geht diese Performance verloren. Auch die Verfügbarkeit eines Basket Freezes oder einer Attribution, die nicht auf Last Click aussteuert, ist für die Provisionierung vieler Publisher-Modelle nicht irrelevant, da sie einen eindeutigen Einfluss auf die Verteilung der Performance auf die Publisher-Modelle mit sich bringt. Aus diesen Gründen ist es wichtig, regelmäßig zu hinterfragen, ob das eigene Provisionsmodell zum einen weiterhin zu den internen Zielen passt, zum anderen aber auch, wie gut das Modell sich im relevanten Wettbewerbsumfeld einfügt. Durch einen Audit werden diese potentiellen Defizite aufgezeigt und auch mit Hilfe einer detaillierten Wettbewerbsanalyse das Setup in Relation gesetzt, um eventuell entstandene Tunnelblicke auf Advertiserseite entgegenwirken zu können.
Mit den richtigen Publisher-Modellen im ausgewogenen Mix Programmziele erreichen
Als letztes Beispiel ist ein tieferer Blick in die aktuelle Publisherbasis zu nennen. Die Dynamik der Affiliate-Branche ergibt sich auch durch das ständige Kommen und Gehen von neuen Publishern und Publisher-Modellen sowie Konsolidierungen bestehender Publisher. Auch durch die bereits genannten neuen technischen Herausforderungen versuchen sich Publisher durch neue Geschäftsmodelle einen Vorteil im bereits sehr gesättigten Publisherumfeld zu erkämpfen. In dieser Dynamik ist es besonders wichtig, sich möglichst oft mit neuen Marktimpulsen auseinanderzusetzen und auch mal den Blick nach links und rechts schweifen zu lassen. Auch an dieser Stelle setzt daher ein Audit idealerweise an, um die aktuelle Publisherbasis zu überprüfen und mit entsprechenden Vergleichswerten in Relation zu setzen: Wer fehlt? Wer kann mehr? Wer ist woanders eventuell sogar negativ aufgefallen? Passt die Publisherbasis noch zur aktuellen Strategie und Zielsetzung? Besonders bei historisch gewachsenen Programmen ist eine gewisse Betriebsblindheit nach einiger Zeit normal, wogegen mit einem Audit angekämpft wird.
Wie neue Ziele Einfluss auf das bestehende Programm Setup haben können
Zur Verdeutlichung betrachten wir im Folgenden ein konkretes Beispiel: Ein Advertiser hat sich intern neu aufgestellt und möchte ab sofort einen stärkeren Fokus auf die Generierung von Neukunden legen. Mit dem Programm-Audit soll aus diesem Grund das bestehende Affiliate-Programm besonders dahingehend untersucht werden, ob das bestehende Setup bereits ideal aufgestellt ist, um dieses Ziel zu verfolgen, oder welche Anpassungen in den verschiedenen Bereichen empfohlen werden. Anhand der beschriebenen Kriterien könnten sich im Audit zum Beispiel folgende Potentiale ergeben:
Abb.: Identifizierte Maßnahmen anhand der Auditergebnisse
Dies sind nur wenige Beispiele von kritischen Gegebenheiten eines Partnerprogramms, die im Zuge eines Audits betrachtet werden. Darüber hinaus gibt es noch zahlreiche weitere Kriterien, die ins Tiefste analysiert und beurteilt werden. Aber auch an diesen wenigen Beispielen wird das Kernziel eines Audits mehr als deutlich: jegliche Tunnelblicke durch frische Impulse zu bekämpfen und daraus Ideen, Potentiale und Handlungsempfehlungen abzuleiten.
Einen Schritt voraus durch objektive Programm Reflektion anhand eines Maturity Assessments
Die gewonnenen Erkenntnisse sollten auf eine möglichst objektive Art und Weise ausgewertet werden. So bietet sich zum Beispiel ein Scoring-Modell an, das jedes einzeln zu betrachtende Kriterium in ein Verhältnis setzt und somit auch dem Advertiser den aktuellen Stand auf einer Skala verdeutlicht. Je nach Bewertung ergeben sich automatisch entsprechende Empfehlungen, sei es die Optimierung des Tracking-Setups, ein neues Provisionsmodell, der Ausbau der Publisherbasis oder auch die Überarbeitung der Programmdetails selber, um das Programm noch attraktiver für die Publisher werden zu lassen.
Die Artefact-Herangehensweise
Artefact hat zu diesem Zweck ein Scoring-Modell auf Basis eines Maturity Assessments entwickelt. Jedes zu untersuchende Kriterium wird bei der Analyse in seine Einzelteile gegliedert, individuell betrachtet und im Fragenkatalog festgehalten. Eine definierte Skala erlaubt dabei eine objektive Bewertung. Um auch die Hintergründe zu verstehen und zu hinterfragen, findet ein Interview mit dem Programmbetreiber statt. Das Zusammenspiel beider Parteien ist entscheidend, denn für eine vollständige Betrachtung ist ein Zugriff zu den Programmen und Mediaplänen empfohlen. Jedes Kriterium ist mit einer entsprechenden Gewichtung versehen, wodurch sich für die jeweiligen Betrachtungsbereiche und auch übergreifend Noten ergeben, um das Programm anhand des Maturity Assessments einzuordnen.
Abb.: Exemplarische Auswertung anhand des Scoring Modells
Es ist zu empfehlen, einen Audit nicht von den eigenen Affiliate Managern des Unternehmens durchführen zu lassen, sondern externe Auditoren zu engagieren. Diese sind in der Lage, unvoreingenommen zu auditieren und neutral zu bewerten, da sie noch keine Betriebsblindheit entwickelt haben können. Falls Advertiser nichtsdestotrotz intern auditieren wollen, so können zum Beispiel Mitarbeiter mit einbezogen werden, die neu im Team sind und das Partnerprogramm somit mit einem Blick von außen betrachten.
Zusammenfassend ist ein Programm-Audit somit eine äußerst hilfreiche Methode, damit Advertiser verschiedenste Einblicke in die Qualität, Effizienz und Aktualität ihrer Affiliate-Marketing-Aktivitäten erhalten und die Außenwirkung des Programms reflektieren können. Nur so wird gewährleistet, nicht in der dynamischen Marktentwicklung der Affiliate-Branche hinterher zu hängen, sondern idealerweise sogar immer einen Schritt voraus zu sein.